Bereits 2023 wurde mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) festgelegt, dass es ab dem 01.07.2025 einen gemeinsamen Jahresbetrag für Leistungen der Verhinderungspflege (§ 39) und der Kurzzeitpflege (§ 42) geben wird. Damit können die zur Verfügung stehenden Gelder vollkommen flexibel eingesetzt werden. Neben der Erhöhung der Leistung wird das verbrauchte und das weiterhin zur Verfügung stehende Budget für die Pflegebedürftigen transparenter.
Was ändert sich ab dem 01.07.2025 für alle Pflegebedürftigen?
1. Gemeinsamer Leistungsbetrag:
Für die Verhinderungspflege und die Kurzzeitpflege steht nun gemäß § 42 a SGB XI ein gemeinsamer Jahresbetrag in Höhe von 3.539 € zur Verfügung. Die bisher getrennt geregelten, für die ambulanten Dienste zum Teil doppelt nutzbaren Leistungsbeträge und für die Kurzzeitpflege vollständig zur Verfügung stehenden Leistungsbeträge werden nun ab dem 01.07.2025 zusammengeführt und können für den Pflegebedürftigen vollkommen flexibel und damit bedarfsgerecht abgerufen werden. Die Voraussetzungen für das Abrufen der Leistungen bleibt jedoch weiterhin in zwei Paragrafen geregelt.
2. Anpassung des Leistungszeitraums und Weiterzahlung des Pflegegeldes:
Der Zeitraum für die Verhinderungspflege wird von 6 auf 8 Wochen (56 Tage) angehoben – genau wie bei der Kurzzeitpflege. Entsprechend wird das hälftige Pflegegeld für diese 8 Wochen fortgezahlt. Das bedeutet, wenn bis zum 30.06. bereits sechs Wochen Verhinderungspflege in Anspruch genommen wurden, stehen erneut 14 Tage zur Verfügung. Da im ambulanten Bereich häufig Verhinderungspflege stundenweise erbracht wird und dabei keine Anrechnung auf die Tage erfolgt, sondern nur auf das Budget, ist diese Regel in der Praxis nur bedingt wichtig. (Bitte beachten Sie die Hinweise zur stundenweisen Erbringung von Verhinderungspflege weiter unten zu „Was sich nicht ändert“.)
3. Wegfall der 6-monatigen Vorpflegezeit:
Bis zum 30.06.2025 gilt, dass Pflegebedürftige mit mindestens Pflegegrad 2 eine sechsmonatige Vorpflegezeit nachweisen müssen, bevor die Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden kann. Oftmals wurde fälschlicherweise angenommen, dass der Pflegegrad für mindestens 6 Monate bestanden haben muss. Das ist aber falsch, da bereits gepflegt worden sein kann, ohne dass ein Antrag auf Erteilung eines Pflegegrades gestellt wurde. Damit ist ab dem 01.07.2025 Schluss. Das Bestehen eines Pflegegrades (mindestens 2) reicht aus, um einen Leistungsanspruch zu haben. In der Praxis bedeutet das, wenn es keine Vorpflegezeiten gibt (z. B. weil die Pflegebedürftigkeit durch ein plötzliches Ereignis wie z. B. einen Schlaganfall eingetreten ist), können ab dem 01.07. auf jeden Fall die vollen Leistungen in Anspruch genommen werden.
4. Höhe der Kostenerstattung bei Verhinderungspflege:
Die Höhe der Erstattung durch die Pflegekasse steigt bei der Verhinderungspflege von aktuell maximal 2.528 EUR (1.685 EUR Verhinderungspflege zzgl. 843 EUR Umwandlung aus Kurzzeitpflege) auf 3.539 EUR. Dieser Betrag steht all jenen zur Verfügung, bei denen die Verhinderungspflege nicht durch Personen erbracht werden, die bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert sind oder nicht mit im gleichen Haushalt leben. Erfolgt die die Verhinderungspflege durch Personen die bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert sind oder mit im gleichen Haushalt leben, dann gibt es eine Unterscheidung, ob diese die Tätigkeit erwerbsmäßig ausführen oder nicht. Im Falle einer erwerbsmäßigen Leistungserbringung stehen pro Kalenderjahr ebenfalls 3.539 EUR zur Verfügung. Erfolgt die Verhinderungspflege nicht erwerbsmäßig, dann ist der Betrag auf die Höhe des zweifachen monatlichen Satzes des Pflegegeldes begrenzt.
5. Anzeigenpflicht:
Um mehr Transparenz für den Versicherten zu schaffen, müssen Pflegeeinrichtungen, wenn diese Leistungen der Verhinderungspflege erbringen, die Leistungserbringung und den Umfang der Leistungen der Pflegekasse des Pflegebedürftigen spätestens bis zum Ende des auf den Monat der Leistungserbringung folgenden Kalendermonats anzeigen. Werden innerhalb des Zeitraums die zur Kostenerstattung im Rahmen der Verhinderungspflege erforderlichen Nachweise und Unterlagen bei der Pflegekasse eingereicht, gilt dies als Anzeige. Bei der Kostenerstattung durch den Versicherten muss sichergestellt werden, dass der Kostenträger in dem genannten Zeitraum sicher Kenntnis erlangt hat. Das kann z. B. durch die Rechnungslegung durch den Pflegedienst bei Vorlage einer entsprechenden Kostenabtretung erfolgen.
Werden z. B. die Leistungen der Verhinderungspflege im August erbracht, dann muss die Anzeige bis spätestens Ende Oktober bei der Pflegekasse sein. Dabei ist zu beachten, dass die Rechnung auch als Anzeige gilt.
6. Mehr Transparenz für Pflegebedürftige:
Mit der Anzeigenpflicht erhalten die Pflegebedürftigen und ihre An- und Zugehörigen mehr Transparenz. Für alle Beteiligten wird damit nachvollziehbarer, wie viel Budget bereits genutzt wurde und was noch verfügbar ist. Vermeintlich steigt dadurch der Aufwand für die Pflegedienste.
Der Pflegebedürftige muss unverzüglich nach Erbringung von Verhinderungs- oder Kurzzeitpflegeleistungen eine schriftliche Übersicht übermittelt bekommen. Diese Übersicht muss detailliert die erbrachten Leistungen, die entstandenen Kosten und den Betrag, der vom gemeinsamen Jahresbetrag abgezogen wird, ausweisen. Es macht Sinn, das Restbudget des Jahres ebenfalls noch auszuweisen. Das sollte aber immer mit dem Hinweis erfolgen: „Wenn keine Leistungen über weitere Leitungserbringer bezogen werden“. Die Übermittlung kann schriftlich oder, mit Zustimmung des Pflegebedürftigen, in Textform (z. B. per E-Mail) erfolgen.
Was an dieser Stelle „unverzüglich“ bedeutet, wird sicherlich noch genauer definiert werden müssen. Es kann aber nicht sein, dass nach jedem Leistungstag eine Information an den Pflegebedürftigen ergehen muss, wenn an mehreren Tagen im Monat Verhinderungspflege abgerufen wird.
Den Pflegekassen müssen, wie bereits beschrieben, die erbrachten Leistungen bis spätestens zum Ende des auf den Monat der Leistungserbringung folgenden Kalendermonats angezeigt werden.
Da die Abrechnung nach Ende der erbrachten Leistung erfolgen muss, spätestens jedoch zum nächsten Rechnungslauf (in der Regel die ersten Tage des Folgemonats), sollte keine Gefahr bestehen, dass die Meldefrist versäumt wird. Einzig, wenn keine Abtretungsvollmacht vorliegt, muss der Pflegedienst ggf. neben der Rechnung noch eine Meldung bei der Pflegekasse machen.
Was bleibt gleich?
Es gibt Dinge, die sich nicht ändern, auch wenn nicht allen Beteiligten klar war, dass die Rechtslage immer schon so war.
1. Keine Beantragung im Voraus
Die Leistung der Verhinderungspflege musste eigentlich noch nie im Voraus beantragt werden, auch wenn einige Kostenträger das immer gerne so gelebt haben und sich geweigert haben, erbrachte Leistungen zu bezahlen. Bisher war dies aber nur im Leistungsrechtlichen Rundschreiben der GKV geregelt. Am 01.07.2025 steht im Abs. 1: „Eine vorherige Antragstellung vor Durchführung der Ersatzpflege ist nicht erforderlich.“
2. Gründe für Verhinderungspflege
Wie bisher auch, sind die Gründe für die Verhinderungspflege
1. Erholungsurlaub
2. Krankheit
3. Sonstige Gründe
3. Stundenweise Erbringung von Verhinderungspflege
Ob eine stundenweise Verhinderungspflege erbracht wird, bemisst sich ausschließlich daran, wie lange die Pflegeperson abwesend ist. Eine stundenweise Verhinderungspflege liegt dann vor, wenn die Pflegeperson weniger als 8 Stunden verhindert ist. Die Leistungsdauer, die dann erbracht wird, ist nicht relevant.
Beispiel 1: Die Pflegeperson hat einen Arzttermin und muss bereits morgens um 8:00 Uhr das Haus verlassen. Die Untersuchungen dauern bis 15:30 Uhr, so dass die Pflegeperson erst um 16:30 Uhr wieder zu Hause ist. Der Pflegedienst übernimmt die Mittagsbetreuung und kommt für 45 Minuten, um das Essen vorzubereiten und kleine Pflegetätigkeiten zu übernehmen.
Beispiel 2: Die Pflegeperson hat einen Arzttermin und ist in der Zeit von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr an der Pflege verhindert. Der Pflegebedürftige besucht an diesem Tag eine Tagespflege und wird um 08:00 Uhr abgeholt und kommt um 16:30 Uhr wieder nach Hause.
Im Beispiel 1 handelt es sich nicht um eine stundenweise Erbringung von Verhinderungspflege, weil die Pflegeperson 8,5 Stunden verhindert ist. Es findet nicht nur eine Anrechnung auf das Budget, sondern auch auf die zur Verfügung stehenden 56 Tage statt. Außerdem wird das Pflegegeld für diesen Tag um 50 % gekürzt.
Im Beispiel 2 handelt es sich um eine stundenweise Erbringung von Verhinderungspflege. Das Pflegegeld wird nicht gekürzt und es findet auch keine Anrechnung auf die 56 Tage statt, sondern nur auf das zur Verfügung stehende Budget. Auf wenn der Pflegebedürftige 8,5 Stunden betreut wird, ist die Pflegeperson „nur“ 4 Stunden verhindert.
4. Übernahme von Pflegekosten
Mit dem Budget der Verhinderungspflege dürfen nur Aufwendungen beglichen werden, bei denen es sich um pflegebedingte Aufwendungen handelt. Investitionskosten, Kosten für Unterkunft und Verpflegung oder für Zusatzleistungen sowie die Behandlungspflege und Betreuung dürfen hier jedoch nicht übernommen werden. Falls in diesem Zusammenhang lediglich eine Gesamtsumme oder ein Tagessatz – ohne weitere Spezifizierung – in Rechnung gestellt wird, ist mindestens ein Prozentsatz in Höhe von 20 % von der Summe des Rechnungsbetrages für diese Leistungen abzuziehen.